UN-Klimakonferenz in Glasgow: Artikel 6 im Fokus

Vom 31. Oktober bis zum 12. November 2021 fand die 26. internationale UN-Klimakonferenz (COP26) in Glasgow statt. Fazit der COP26: Fortschritte aber weiterer Handlungsbedarf.

Die Grundlage der COP26 (Conference of the Parties) bildet das Pariser Klimaabkommen aus dem Jahr 2015, mit dem sich die Vertragsparteien zur Be­grenzung des Klima­wandels verpflichten. Die übergeordnete Zielsetzung der COP26 war es, das Regelbuch des Pariser Klimaabkommens zu komplettieren und zu operationalisieren. Zwei Kapitel standen noch aus. Einerseits galt es, konkrete Regeln zu definieren, um die Reduktion von Emissionen einheitlich zu dokumentieren und diese transparent darlegen zu können. Damit das Pariser Klimaabkommen für den zeitlichen Rahmen ab 2020 umgesetzt werden kann, ist eine konkrete Operationalisierung der Vorgaben notwendig. Andererseits galt es, den internationalen Emissionshandel gemäß Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens zu beschließen. Beide Punkte wurden in Glasgow beraten und verabschiedet – jedoch nicht ganz ohne Zugeständnisse und Kompromisse.

Die konkreten Zielsetzungen der COP26 bestanden darin, dass sich die Länder zu ehrgeizigeren Zielen hinsichtlich der Verringerung von Treibhausgasemissionen bis 2030 verpflichten. Neben weiteren Beratungen über gezielte Maßnahmen zur Anpassung an den Klimawandel stand insbesondere die Erhöhung der finanziellen Mittel für Maßnahmen, die den Klimaschutz vorantreiben, im Fokus. Die Klimafinanzierung sollte insbesondere im Hinblick auf Entwicklungsländer beraten werden. Alle Länder sind angehalten, ihre nationalen Klimaschutzpläne und damit ihre nationalen Klimaziele (Nationally Determined Contributions, kurz: NDCs) fortwährend zu überarbeiten und in einem Turnus von fünf Jahren darzulegen. Die NDCs bilden hierbei den höchstmöglichen Grad der ambitionierten Klimabeiträge eines Landes ab. In den Fokus rückte bereits im Vorweg der COP26 die Relevanz, transparente Regelungen zur Umsetzung des Pariser Abkommens zu definieren – wodurch Artikel 6 im Vordergrund stand.

Artikel 6 des Pariser Agreements eröffnet den Vertragsparteien die Möglichkeit, im Rahmen der Kooperation ein höheres Niveau der Emissionsminderung anzustreben. Im Vordergrund stehen Ansätze, die eine freiwillige Zusammenarbeit forcieren. Bereits in der Vergangenheit war die Einrichtung des internationalen Emissionshandels gemäß Artikel 6 des Pariser Klimaabkommens die große Streitfrage. Auf der letzten COP25 in Madrid konnte zuletzt keine Einigung hinsichtlich des Emissionsrechtehandels erzielt werden. Klärungsbedarf bestand im Vorfeld der COP darin, Regelungen und Verfahrungsweisen zu entwickeln, um die Nutzung der Emissionsmechanismen nach 2020 zu ermöglichen. Regeln für die Umsetzung und die Nutzung der marktbasierten Instrumente des Paris Agreements zu verabschieden, war somit das Kernanliegen der Klimakonferenz.

Im Detail: In Artikel 6 werden grundsätzlich drei Optionen der internationalen Zusammenarbeit präzisiert. Einerseits ist die direkte, zwischenstaatliche Kooperation (Art. 6.2) möglich. Nationale Reduktionsmaßnahmen können als Reduktionsleistungen in ein anderes Land übertragen werden, wo diese Bestrebungen hinsichtlich des dortigen Klimaschutzziels einbezogen und angerechnet werden. Das Problem: Potenzielle Doppelzählungen in den Klimabilanzen aufgrund nicht korrekter Dokumentation der Reduktionsleistungen, wodurch Schlupflöcher entstehen, da es hierbei zu einer doppelten Nutzung der Zertifikate kommen kann. Emissionsminderungen dürfen lediglich einmal angerechnet und damit einmal genutzt werden. Demnach dürfen Emissionsminderungen entweder in dem Land, welches die Minderung kauft oder aber in dem Land, in welchem die Maßnahme realisiert wird, gezählt und damit angerechnet werden. Artikel 6.4 beinhaltet weiterführend neu geschaffene „Mechanismen zur Vermeidung von Treibhausgasemissionen und zur Förderung nachhaltiger Entwicklung“ (Sustainable Development Mechanism, kurz: SDM). Als dritter Weg für eine internationale Zusammenarbeit werden nicht-marktbasierte Ansätze angeführt (Art. 6.8).

 

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Das Resultat der Verhandlungen im Rahmen der COP26: Das Regelbuch zum Übereinkommen von Paris konnte fertiggestellt werden. Doppelzählungen werden durch das Regelwerk ausgeschlossen, wodurch der Artikel 6 des Pariser Abkommens realisiert wird. Im Rahmen der COP26 wurden Bilanzierungsregelungen vereinbart und verabschiedet, die eine korrespondierende Anrechnung von Emissionsminderungen (Corresponding Adjustments) ermöglichen. Vereinbart wurde im Hinblick auf Artikel 6.2, dass das Land, welches die jeweilige Emissionsminderungen kauft, diese Reduktionen in der nationalen Klimabilanz aufführen kann. Die Anrechnung der Emissionsreduktionen erfolgt somit lediglich in dem Käuferland und schlägt sich hierbei bilanziert nieder. Zudem wird die Übertragung von Emissionsgutschriften von einem Berichtszeitraum der NDCs auf den folgenden Berichtszeitraum untersagt. Verhindert wird somit eine Anhäufung von Gutschriften, die fälschlicherweise gebraucht werden, um zukünftige Klimaziele zu realisieren.

Die erfolgreiche Verabschiedung des Regelbuchs setzte Zugeständnisse voraus. Zugestanden wurde, dass bisher verwendete Zertifikate aus dem Kyoto-Protokoll in begrenzter Anzahl weiterverwendet werden können. Eingrenzt wird dessen Verwendung dahingehend, dass diese älteren Zertifikate für die Zielerreichung des primären NDCs eines Landes gebraucht werden können. Die Kopplung der Verwendung älterer Zertifikate an die Erreichung des ersten Klimaziels erzeugt somit eine zeitliche Limitierung, was als positiv zu bewerten ist – wenn auch der Einbezug älterer Zertifikate aus der Zeit vor dem Pariser Agreement im Hinblick auf die Umweltintegrität kritisch bewertet wird.

Im November 2022 findet die nächste Klimakonferenz (COP27) in Ägypten statt.

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